Der Tour immer eine Nasenlänge voraus

Golf Pro Matthew McGuire zeichnet die Yardage Books für seine Kollegen

Vor knapp zwei Wochen weilte der Engländer Matthew McGuire in Bad Ragaz und sprühte rote, gelbe und weisse Dreiecke, Kreise und Linien auf das kurzgeschnittene Gras des Golfplatzes. Diese Markierungen verraten «Eingeweihten» die exakte Distanz von einem bestimmten Punkt des Parcours zum Eingang des Grüns – festgehalten sind die Informationen in einem kleinen, von Bostichklammern zusammengehaltenen Zeichenblock im Format A6. Das «Yardage Book» des Swiss Seniors Open 2017.

Matthew McGuire und Golf, das ist eine lebenslange Liebe. «Ich war 18 Monate alt, als ich das erste Mal einen Golfschläger geschwungen habe», gesteht der 46-Jährige lachend. Golf war für ihn stets mehr als bloss ein Hobby. Golf war und ist sein Sport, seine Leidenschaft; das, wofür er lebt. Als Amateur gehörte er der englischen Nationalmannschaft an, zuerst bei den Junioren, später bei den Herren. Mit 22 Jahren machte McGuire Golf zu seinem Beruf, spielte von 1993 an sechs Jahre auf der Challenge Tour, qualifizierte sich zweimal für die British Open und ebenso oft für die PGA Championship im ehrwürdigen Wentworth. «Fünfmal bin ich zur Tour School angetreten, für eine European-Tour-Karte hat’s leider nie ganz gereicht», erzählt McGuire aus seinem Leben. Er klingt weder frustriert noch enttäuscht; der Vater einer zwölfjährigen Tochter wirkt mit sich im Reinen. Er ist Mitglied der PGA of Great Britain & Ireland und reist seit vier Jahren der Senior Tour voraus – als Produzent der offiziellen Yardage Books der einzelnen Tour Events.

Yardage Books, die den Spielern wichtige Informationen zum Platz, zur Länge der einzelnen Spielbahnen aber auch zur Ondulierung von Grüns und Fairways geben, sind keine neue Erfindung. Früher wurden diese kleinen Büchlein von Hand gezeichnet, heute entstehen die Skizzen am Computer. «Ich arbeite mit Corel Draw», erklärt McGuire. Am Computer erstellte Zeichnungen erleichtern die Arbeit in den Folgejahren, wenn auf bestehenden Dokumenten aufgebaut werden kann und nur allenfalls erfolgte Platzumbauten am Bildschirm nachvollzogen und die neu aufgesprühten Markierungen auf den Zeichnungen vermerkt werden müssen.


Eine Arbeit, die Matthew McGuire jedes Jahr aufs Neue machen muss, ist das Ausmessen des Platzes und das Aufsprühen der Markierungen – wie viele dies sind, hänge von der Länge des Platzes ab. Je mehr Par-5-Löcher, desto mehr Markierungen. «Der zuständige Turnierdirektor gibt vor, wie lange jede Spielbahn zu sein hat – vom ersten Markierungspunkt auf der Tee Box bis zum Ende des Grüns.» Markierungen (und damit auch Distanzangaben) sprüht McGuire auf jene Tee Box, von der während des Turniers gespielt wird, auf diejenige direkt davor, auf den Fairway, den Grün-Eingang und den hintersten Punkt des Grüns. Wenn Matthew McGuire zehn Tage vor Turnierstart auf einem Platz auftaucht, arbeitet er einen bis zwei Tage intensiv. «Die Farbe hält ungefähr eine Woche. Das reicht, eine Woche nach mir reisen die Mitarbeiter der Senior Tour an und erneuern meine Markierungen auf dem Platz.» Das Tour-Büro vor Ort ist es auch, welches McGuires Yardage Books zum Preis von 35 Euro – «oder 30 Pfund» – an die Tourspieler verkauft. Aus dem Verkaufserlös muss McGuire nicht nur seine eigenen Reisen, sondern auch den Druck und das Heften berappen.

Das Geld wird überwiesen, das Feedback zu seiner Arbeit erhält Matthew McGuire über seine Kollegen bei der European Senior Tour, häufig aber auch per E-Mail direkt von den Spielern. Mit einigen Senior-Tour-Professionals ist er gut bekannt: «Paul Wesselingh ist mehr als ein Kollege, er ist ein guter Freund. Logisch, dass ich seinen Score bei jedem Turnier genau verfolge. Auch die Resultate von Simon Brown behalte ich immer im Auge – mit Simon habe ich auf der Challenge Tour häufig das Hotelzimmer geteilt», erinnert sich McGuire.

Nach Bad Ragaz kommt der Engländer gerne. «Mein Lieblingsort auf der Senior Tour. Hier ist es so wunderschön, dass ich mir vorstellen könnte, in Bad Ragaz zu leben», sagt der überzeugte Brite, der sich auch für Tennis, Fussball («ich bin ein Fan von Nottingham Forest») und American Football begeistert. Seine Lieblingsgolfplätze liegen in England (Hillside) und den USA (Sawgrass). Und seine «beste» Geschichte als Yardage-Book-Produzent? «Einmal hat die Druckerei fürs Heften zu kurze Klammern verwendet, so dass die mittleren Seiten herauszufallen drohten. Ich musste eine Papeterie auftreiben, 500 Gummibänder kaufen und dann zu den vier Turnierorten fahren, um den Spielern die Gummibänder auszuhändigen, damit sie ihre Unterlagen ordentlich zusammenhalten konnten.»

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