Wir trafen Gordon Manson, den Sieger des Swiss Seniors Open 2015 zum Interview:
Gordon Manson, beim Swiss Seniors Open 2015 in Bad Ragaz haben Sie Ihren ersten Sieg auf der European Senior Tour gefeiert. Verraten Sie uns Ihre Gefühle und Gedanken bei der Siegerehrung wiedergeben?

Gordon Manson: Bei der Siegerehrung hatte ich meine Gefühle ziemlich gut im Griff, aber das Bild, wie ich die Trophäe gegen Himmel stemme, sagt sehr viel. Ich habe diese Trophäe so hoch in die Luft gehalten, wie nur irgendwie möglich. Um nichts in der Welt hätte ich diesen Kristallpokal aus der Hand gegeben, aber ich wollte dem Publikum zeigen, wie viel mir dieser Sieg bedeutete. Deshalb drehte ich mich in Richtung Clubhaus, dann zum Publikum auf der Tribüne und auch zu den Helfern – ich war sooooo stolz, das Turnier gewonnen zu haben! Diesen Moment werde ich nie vergessen. Der emotionalste Moment allerdings war jener, in dem ich den Siegesputt lochte. Ich musste ein paar Sekunden verstreichen lassen, ehe ich den Ball aus dem Loch nehmen konnte, musste erst meine Emotionen wieder unter Kontrolle bringen. Kein leichtes Unterfangen in so einem Moment.
Was war 2015 in Bad Ragaz der Schlüssel zum Erfolg?
In Bad Ragaz braucht es ein sehr präzises Spiel. Das kommt mir entgegen, ich schlage den Ball generell sehr gerade. 2015 spürte ich in der Finalrunde, dass mein Spiel gut war. Und ich wusste, ich würde eine Chance auf den Sieg haben, wenn ich ein paar Putts loche. Beim vorhergegangenen Turnier war ich Zweiter geworden, meine Form stimmte. Als ich am Sonntag zu Green 13 kam, sah ich auf dem Leaderboard, dass ich nicht mehr in Führung lag. Ich wusste, jetzt muss etwas passieren, jetzt müssen die Putts fallen. Und plötzlich fielen die Putts. Ich machte auf der 13 und der 14 zwei gute Birdieputts und dann auf 16 einen unglaublichen Eagle-Putt. Diese drei Putts, bzw. diese drei Löcher gaben den Ausschlag zu meinen Gunsten. Am Sonntag muss etwas passieren, mit einer durchschnittlichen Runde gewinnt man nicht.
Mit Runden von 66, 64 und nochmals 66 Schlägen haben Sie den Platz 2015 dreimal deutlich unter Par gespielt – und mit drei Schlägen Vorsprung gewonnen. Liegt Ihnen der Platz?
Eindeutig. Ich spiele den Platz sehr gerne, er passt zu meinem Spiel. Man muss vom Tee bis zum Green sehr präzise sein und darf die eher kleinen Grüns nicht verfehlen. Ich gehöre zwar nicht zu den Längsten auf der Tour, aber ich schlage den Ball sehr gerade.
Bei der Titelverteidigung im Vorjahr haben Sie sich in der zweiten Runde eine Zerrung im Rücken zugezogen, die Sie für den Rest des Turniers behinderte. Wie gross war die Enttäuschung, bereits am Samstag aus der Entscheidung zu fallen?
Riesig, vor allem, weil ich erneut gut in Form gewesen bin. Drei unter am ersten Tag liess mich auf eine erfolgreiche Titelverteidigung hoffen. Ich hatte am Donnerstagabend mein Bein vom Physiotherapeuten behandeln lassen und bin dabei möglicherweise etwas unglücklich gelegen. Beim Aufstehen verspürte ich im mittleren Rücken eine leichte Schwäche. Nichts Grossartiges, ich erzählte es meiner Frau und dachte nicht weiter daran. Am nächsten Tag konnte ich die erste Runde des Turniers bis Loch 14 ohne irgendwelche körperlichen Probleme absolvieren. Auf der 15 musste ich den zweiten Schlag aus dem Rough spielen. Als ich den Schlägerkopf durch dieses sehr dünne Rough schwang, verursachte der Widerstand des Grases massive Schmerzen im Rücken. Just an der Stelle, die ich am Abend zuvor bereits gespürt hatte. Auf den letzten drei Löchern verkrampfte sich meine Rückenmuskulatur regelrecht. Über Nacht entspannten sich die Muskeln wieder. Doch diese Muskelkrämpfe sind am zweiten Tag auf Loch 6 zurückgekommen. Am Finaltag waren die Schmerzen schier unerträglich, von Anfang an. In meinem ganzen Leben habe ich beim Golfspielen nie solche Schmerzen verspürt, wie in den letzten beiden Runden des Swiss Seniors Open 2016.
Die Verletzung ist hoffentlich mittlerweile ausgeheilt. Wie lange waren Sie «ausser Gefecht»?
Wir reisten von Bad Ragaz direkt weiter zum nächsten Turnier, wo Bernhard Langers Arzt eine Diagnose stellte und mich umgehend in Therapie steckte. Die Verletzung schränkte mich zwei Monate lang massiv ein. Bis ich wieder frei und ohne Angst für erneuten Schmerzen schwingen konnte, dauerte es aber deutlich länger.
Haben Sie in Ihrem Training etwas umgestellt, um künftig solche Verletzungen vorzubeugen?
Nein. Das ist gar nicht möglich, die Verletzung wurde ja nicht durchs Spielen verursacht, es war einfach Pech.
Sie haben seit 2011 jedes Senior-Tour-Event in Bad Ragaz gespielt – und waren gesund nie schlechter klassiert als 16. Wie hat sich das Turnier in den letzten fünf Jahren entwickelt?
Ich kann mich noch erinnern wie ich 2011 neu auf die Senior Tour gekommen bin, da drehten sich viele Gespräche unter den Spielern um dieses Turnier. Der Name Bad Ragaz fiel immer dann, wenn die Rede davon war, worauf sich die Spieler besonders freuten. Der Grund liegt auf der Hand: Das Gesamtpaket stimmt, Umgebung, Resort und Platz sind grossartig und die Schweizer Qualität ist in jedem Detail zu erkennen. Wir Spieler werden hier mit überwältigender Grosszügigkeit, viel Herzlichkeit und Gastfreundschaft umsorgt. Achten Sie mal darauf, wie viele Spieler mit Ihren Liebsten anreisen. Wenn man wissen will, wie hoch im Kurs ein Event steht, misst man dies am einfachsten an der Zahl der mitgereisten Ehefrauen und Partnerinnen.
Ihren zweiten Senior-Tour-Titel holten Sie letztes Jahr in Jersey – im Play-Off gegen Ian Woosnam und Gary Wolstenholme. «Woosie» ist gut einen Kopf kleiner als Sie, aber einer der «Big Five»; und er hat in Augusta gewonnen. Wie blendet man in einem Play-Off aus, dass der Gegner ein «big shot» ist?
Einen Spieler vom Format eines Ian Woosnam zu schlagen, ist zweifellos kein ganz einfaches Unterfangen. Aber andererseits hatte ich bei dieser Ausgangslage auf Jersey auch nichts zu verlieren. Und um ehrlich zu sein: Mit 56 Jahren sollte man sich vom Renommée eines Gegners nicht mehr einschüchtern lassen. Jeder, der auf der Senior Tour spielt, hat einiges erlebt und geleistet.
In die neue Saison sind Sie mit einem 23. Rang in Shardja gestartet. Danach war zwei Monate Turnierpause, ehe es in der zweiten Mai-Hälfte mit der Senior PGA Championship in Washington D.C. – und Platz 74 – weitergegangen ist. Wie bleiben Sie bei so langen Pausen im Turniermodus?
Bei einer so langen Pause kann man nicht im Turniermodus bleiben. Mit diesem Problem kämpfen viele Spieler auf der Senior Tour. Die Schwierigkeit liegt im Mentalen, weil man Turnier braucht, um richtig fokussiert zu bleiben. Entsprechend schwierig war es im Mai in die USA zu fliegen und dort auf einem sehr schwierigen Parcours, vor grossem Publikum aufzuteen und auch mental für ein Major bereit zu sein.
Sie haben die Saison 2016 auf Rang 9 der Order of Merit beendet, 2015 waren Sie Vierter – was bedeuten diese Klassierungen Sie?
Diese beiden Klassierungen in der Jahresrangliste waren für mich eine ziemlich grosse Sache. 2011 neu auf der Tour, habe ich mich noch gefragt, ob ich wohl jemals in die Top-10 kommen könnte. Mein Spiel wurde aber immer besser und 2015 lief es richtig gut – Zweiter in England, das nächste Turnier in Bad Ragaz gewonnen und in Schottland erst im Play-Off verloren. Das fühlte sich richtig gut an: Gordon Manson ganz weit oben! (lacht) Ich könnte morgen meine Karriere beenden und dank zweier Turniersiege sowie einem vierten und einem neunten Rang in der Jahresrangliste mit Fug und Recht sagen «I did it»! Ich habe den Beweis erbracht, dass ich Golf spielen kann.

Ihre Karriere auf der Senior Tour hat erst mit Mitte 50 richtig Fahrt aufgenommen. Warum so spät?
Ich hatte viele Jahre lang unterrichtet und selbst kaum trainiert, da entstehen logischerweise Defizite im Vergleich mit Spielern, die ihr Leben lang auf einer Tour gespielt haben. Kommt dazu, dass ich mich auch erst wieder an den Druck gewöhnen musste, den Turniergolf erzeugt. Es hat deshalb ein wenig gedauert, bis mein Spiel gut genug war, um vorne mitzuhalten.
Sie machen den Spagat zwischen Playing Pro auf der Senior Tour und Teaching Professional zu Hause in Döbriach. Warum?
Das stimmt so nicht ganz. Ich habe meine Arbeit als Club-Professional 2010 beendet. Bis 2015 habe ich jeweils noch im April und Mai kleine Gruppen nach Italien begleitet, auf diesen Reisen die Amateure unterrichtet und gecoacht. Auch wenn ich mich bereits damals mehr auf mein eigenes Training und Spiel hätte konzentrieren sollen, so wollte ich meine langjährigen Schüler und Freunde nicht vor den Kopf stossen indem ich keine Zeit mehr für sie hätte. Seit meinem ersten Sieg auf der Tour fliesst nun aber meine gesamte Kraft und Energie in mein eigenes Spiel.



