Ungiftiges Rough, nahrhaftes Znacht
Die Abschläge sollen sauber, die Fairways ebenmässig, das Rough tückisch und die Greens spurtreu sein. Der Bad Ragazer Greenkeeper-Crew wird es am Swiss Seniors Open nie langweilig.
Als er auf die Saison 2017 von Düsseldorf weit rheinaufwärts nach Bad Ragaz zog, war es für Headgreenkeeper Jonas Friedrich nichts Neues, einen Golfplatz für die Ansprüche eines Turniers einer professionellen Tour in Form zu bringen. Zu breit war die Erfahrung, die der gebürtige Niedersachse aus Oldenburg mitbrachte. Wer beruflich in Gut Kaden bei Hamburg, in Bay Hill in Orlando oder rund um den englischen British-Open-Course von Turnberry zu tun hatte, wer darüber hinaus in Neuseeland und Australien tätig war und eine profunde Ausbildung in Schottland und in den USA absolviert hat, der lässt sich durch nichts mehr aus der Fassung bringen.
Im «Internationalen Golfclub Kosaido» in Düsseldorf - die Anlage grenzt an den Düsseldorf-Hubbelrath, den langjährigen Austragungsort des German Open - wurden schon mehrfach Turniere der Pro Golf Tour ausgetragen. Die in Deutschland beheimatete Pro Golf Tour ist zwar nur ein Circuit der dritten Stufe im europäischen Profigolfsport. Aber Jonas Friedrich ist der Meinung, dass alle Professionals für ihr Event einen Platz verdienen, der mit Liebe und Sorgfalt vorbereitet wird und der über drei oder vier Tage ein faires Spiel zulässt. Dieser Einstellung lebt er auch bei seiner ersten Anstellung in der Schweiz nach.
Friedrich befehligt in Bad Ragaz ein Greenkeeper-Team von insgesamt 22 Mann. Vor und während des Swiss Seniors Open sind es 24. Es versteht sich, dass die Crew für das Turnier nicht alles auf den Kopf stellen kann, was jahraus, jahrein gang und gäbe ist. Der Par-70-Kurs des Grand Resort Bad Ragaz wird von Golferinnen und Golfern unterschiedlicher Spielstärken recht intensiv genutzt. Die Gäste würden es vermutlich nicht schätzen, wenn der Platz plötzlich so schwierig zu spielen wäre, dass sie sich kaum noch darauf zurechtfinden. Deshalb ist Jonas Friedrich bestrebt, den Schwierigkeitsgrad nur so weit heraufzusetzen, dass der Platz schon bald nach dem Turnier wieder ein bisschen zahmer wird.
Eine der besonderen Schwierigkeiten, mit denen die Greenkeeper - gegebenenfalls auf Geheiss der Tour - die Professionals ein wenig plagen können, ist das Rough, das höhere und bisweilen dicke Gras neben den Fairways. Aber heuer sind den Platzgärtnern die Hände gebunden. Denn der Frühling war die meiste Zeit so trocken, dass der fette Graswuchs ausgeblieben ist. Das Rough wird also an diesem Turnier nicht giftig sein, wie man im Jargon auch sagt. Dennoch werden es Ian Woosnam, Ronan Rafferty, André Bossert und andere auch in diesem Jahr durchaus zu spüren bekommen, wenn sie ihre Abschläge streuen. Den Ball neben das Fairway zu schlagen empfiehlt sich auch diesmal nicht.
Die Präparierung der Greens verlangt ein Abwägen. Sie sollen schnell sein, aber andererseits nicht so schnell, dass sich die Amateure vor und nach dem Turnier auf einem Billardtisch wähnen. Die Stimpmeter-Messung hat in dieser Woche (und für die drei Turniertage) einen Wert von zehn bis elf Fuss (feet) ergeben. Das ist eine ordentliche, aber keine exzessive Schnelligkeit, wie sie bisweilen beispielsweise auf US-Open-Plätzen mit extrem harten Greens herangezüchtet wird. Die Spurtreue des Balles ist das wichtigere Merkmal als die Geschwindigkeit. Der Spieler soll beim Lesen der Putt-Linie einigermassen sicher sein können. Hierfür versprechen die Bad Ragazer Greens auch in diesem Jahr eine hohe Qualität.
Jonas Friedrich und seine 23 Mann teilen ihre Arbeit auf Schichten auf. Um 5 Uhr morgens geht es los. 13, manchmal 14 Stunden später ist das Tagwerk getan. So treffen sich denn die meisten aus der Crew im Bistro des angrenzenden Golf Club Heidiland zum Znacht. Etwas Nahrhaftes kann nach dem langen Tag nicht schaden.