Dienstag, 11. Juni 2019

6.30 Uhr

Der Wecker klingelt früh. «Bossy» weckt Tochter Nina, springt unter die Dusche und bereitet in die Küche sein Frühstück zu. Einen Shake. «Ich brauche morgens bloss genügend Eiweiss, um Energie für den Vormittag zu bekommen.» Wochentags gibt’s bei Bosserts kein gemeinsames Frühstück. «Am Wochenende allerdings brunchen wir gerne ausgiebig. Dann esse ich, worauf ich Lust habe», sagt André Bossert. Einen strikten Ernährungsplan kennt der Golfprofessional nicht: «Ich habe das Glück, dass ich all die gesunden Nahrungsmittel gerne mag. Allerdings auch Schokolade...» Für seinen Shake schneidet «Bossy» Bananen, Erdbeeren, Ingwer und einen Apfel klein und mischt die Früchte mit Joghurt, Chia-Samen und einem Eiweiss-Pulver von Winforce. Dann kommt alles in den Mixer.

Nina verabschiedet sich von «Papi» und marschiert los; sie nimmt die Bahn um 7.40 Uhr. «Bis vor einem Jahr haben wir sie noch gebracht. Jetzt ist sie in einem Alter, wo sie lieber gemeinsam mit ihren Freundinnen mit dem ÖV fährt», erklärt der Vater nicht ohne Stolz und erfreut, dass die Schweiz als sicheres Land solches Verhalten erst möglich macht.

9.00 Uhr
Ehe er das Haus verlässt, packt Bossert seine Ausrüstung für den Tag. Im Keller ist eine Wand vollgestellt mit Tour-Bags; jedes einzelne mit «Bossys» Namen beschriftet und mit Golfschlägern aus mehreren Jahrzehnten Spitzengolf vollgestopft. Für die Swiss-Seniors-Open-Fans fischt der 55-Jährige einen Putter heraus – mit vergoldetem Schlägerkopf, die Schlagfläche mit «ANDRE BOSSERT CANNES OPEN CHAMPION 1995» graviert. «Damit belohnt Ping Tour-Siege. Ich habe noch drei weitere, für die Siege auf der Challenge Tour. Moment – für den Sieg auf der Staysure Tour hätte ich auch noch einen zu Gute», sagt er lachend. Pro Tour-Sieg eines Vertragsspielers lässt Ping zwei Gold-Putter anfertigen – einen bekommt der Pro, der zweite kommt am Hauptsitz des Herstellers in Phoenix in den Tresor «vault of fame». Auf Familie Bossert war dort schon zu Gast gewesen…

Eine halbe Stunde später beginnt «Bossy» in seinem Heimclub GCC Zürich-Zumikon, keine fünf Autominuten von seinem Zuhause entfernt, mit dem Short-Game-Training. Zwei Stunden trainiert er, dann fährt Bossert zurück nach Zollikon und bereitet sich einen kleinen Lunch zu.

14.30 Uhr
Fürs Technik-Training geht’s in den GC Schloss Goldenberg zu Paul Dougan. «Er ist mein technischer Berater», sagt Bossert über den gebürtigen Engländer. Die beiden Professionals arbeiten seit über zwölf Jahren zusammen. Dougans Pro-Box steht am Ende der Driving Range und ist vollgepackt mit allen erdenklichen Golf-Tools – es gibt wohl kein technisches Golfgerät, das hier nicht zu finden ist. Während «Bossy» sein Golfbag abstellt und den Handschuh überstreift, werden Informationen zum letztem Turnier ausgetauscht. Dougan kommt rasch auf den Punkt: «Wie war Dein Spiel, André?» Darum geht es hier – um Kleinigkeiten im Schwung des routinierten Tourspielers, die perfektioniert werden können. Der Trackman hilft dabei. Bossert schwingt sein Eisen 7, der Ball fliegt in Richtung 150-Meter-Markierung. Auf den Bildschirmen leuchten Zahlen auf – Schlägerkopf-Geschwindigkeit, Ballgeschwindigkeit, Abflugwinkel, Flugdistanz, Gesamtdistanz, Spin-Rate, seitlicher Drall, Smash-Faktor, Flughöhe etcetera. Dougan und Bossert schauen kritisch auf den Bildschirm, ziehen blitzschnell ihre Schlüsse und diskutieren, was zu tun ist. «Bossy» legt sich erneut einen Ball zurecht, schwingt sein Eisen 7…

17.00 Uhr
Auch heute holt Bossert seine Tochter bei der Schule ab, fährt sie aber nicht direkt nach Hause, sondern bringt die Zwölfjährige und ihre Schulkollegin zum Volleyball-Training. Die Zeit zwischen 18 und 19 Uhr nutzt der Pro für eine Stabilisierungs- und Stretching-Session in Dübendorf. Dann setzt er sich in die Turnhalle und schaut Nina beim Training zu. Um 20 Uhr geht’s heimwärts – Ninas Schulfreundin zu Hause absetzen, dann Abendessen im Hause Bossert.

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